Alter Stoff mit edler Zukunft
Interview mit Pierluigi Fusco Girard, Generaldirektor der Linificio e Canapificio Nazionale Srl
„Leinen ist ein faszinierendes Material, ein natürlicher Stoff mit ganz besonderen Eigenschaften“ , sagt Pierluigi Fusco Girard, Generaldirektor von Linificio e Canapificio Nazionale. „Dazu ist Leinen ein Stoff mit Tradition, in Italien war Leinen ein Spitzenprodukt der Handwerkskunst. Für die Segel des Schiffs ‘Amerigo Verspucci’ haben wir das Leinen geliefert, und auch die Studien des Vatikans für die Nachbildung des Grabtuchs von Turin wurde mit Leinen von Linificio durchgeführt. Wir setzen diese Handwerkstradition fort, seit fast 150 Jahren schreiben wir die Geschichte von Leinen mit und neu.“
Name als Mission
1873 gründet Andres Ponti das Unternehmen unter dem Namen, der Programm und Mission zugleich ist. Linificio e Canapificio Nazionale steht für nationale Leinen- und Hanfspinnerei.
„Von Anfang an hatte das Unternehmen den Anspruch Marktführer zu sein: Marktführer in der Tradition italienischer Exzellenz, auf nationaler Ebene und darüber hinaus“, betont Pierluigi Fusco Girard. „Ganz im Sinne dieses Anspruchs ging Linificio drei Jahre später, 1876 als drittes italienisches Unternehmen an die Börse in Mailand.“
Heute ist Linificio nicht nur das älteste und erfahrenste Unternehmen der Branche, die italienischen Spezialisten sind Marktführer in Italien und weltweit beim Spinnen von Leinen und Hanf zu Garnen von höchster Qualität.
Starke Mutter
Linificio ist Teil der Marzotto Gruppe, eines der weltweit führenden Textilunternehmen. Die Gruppe hat ihre Kompetenzen in drei Firmen konzentriert, Marzotto Wool Manufacturing für Textilien aus Wolle, Ratti für Seide und Marzotto LAB für Naturfasern.
„Wir gehören zu Marzotto LAB und profitieren von der Kompetenz und dem weltweiten Netzwerk der Gruppe“, sagt Pierluigi Fusco Girard. „Mit 900 Mitarbeitern und einem Umsatz von 45 Millionen EUR tragen wir unseren Teil zum Gesamterfolg der Gruppe von mehr als 450 Millionen EUR bei.“
„Unsere Mission, Weltmarktführer bei edlem Leinengarn.“ Pierluigi Fusco GirardGeneraldirektor
Unverwechselbar
Linificio ist bekannt für exklusives Leinen- und Hanfgarn höchster Qualität und in einzigartiger Vielfalt. Leinengarn ist mit 85% das Kerngeschäft, Hanfgarn macht 5% aus und 10% sind Leinenstoffe als ‘Rohstoff’, der von den Kunden veredelt wird. „Wir haben 150 Jahre Erfahrung und kennen das Material genau“, erklärt der Generaldirektor. „Leinen ist antiallergisch, antibakteriell, es isoliert, nimmt Feuchtigkeit auf und es ist nachhaltig. Wir machen diese Eigenschaften nutzbar für Kleidung, Heimtextilien, Möbel oder technische Anwendungen.“
Linificio gehört zu den wenigen Herstellern weltweit, die Leinen mit Mohair, Kaschmir, Seide oder Baumwolle mischen. Und das Unternehmen färbt Leinen in allen gewünschten Tönen, hell, dunkel, mit Schattierungen oder Spezialfarben.
Erfolgsfaktor Technik
Neben Innovationen beim Material steht Linificio auch für technische Innovationen. „Wir sind der einzige europäische Hersteller, der eine eigene Abteilung für die Entwicklung und die Herstellung von Maschinen hat“, betont Pierluigi Fusco Girard. „Die speziell für die Produktion entwickelten Maschinen sind ein Schlüssel zum Erfolg. Nach wie vor haben Forschung und Entwicklung höchste Priorität. Im Rahmen des EU-Förderprojekts Horizon 2020, das über vier Jahre angelegt ist, prüft Linificio zurzeit mit europäischen Partnern die Herstellung von Verbundmaterialien aus Hanffasern alternativ zu bereits vorhandenen synthetischen Fasern für die Verwendung in der Sportwelt.“
Leidenschaft für Leinen
Die Kunden von Linificio sind Webereien, die hochwertige Stoffe herstellen wollen. Das Unternehmen exportiert 60% der Produkte nach Europa, Garne für Kleidung und Heimtextilien nach Italien, Möbelstoffe nach Frankreich und Belgien sowie für Strickwaren auf die iberische Halbinsel.
„Der Leinenmarkt ist ein Nischenmarkt“, sagt Pierluigi Fusco Girard. „Man kennt sich und die Kunden kennen uns. Leinen ist ein faszinierender Stoff und wir tun viel, um Leinen bekannter zu machen, beispielsweise ‘Ich liebe Leinen’, eine künstlerisch gestaltete Ausstellung rund um Leinen von der Pflanze bis zum Endprodukt. Und wir starten einen Blog ‘Mein Leinen’. Wie der Winzer seinen Wein, werden wir weiter Leinen veredeln für neue hochwertige Anwendungen.“