Immer nah beim Menschen

Interview mit Tilmann Bur, Vorstand der CO.DON AG

Wirtschaftsforum: Eine Frage vorab, Herr Bur. Wie kommt ein Krankenpfleger in den Vorstand eines biopharmazeutischen Un¬ternehmens?

Tilmann Bur: Ganz einfach. Schon früh war ich technikaffin und habe mich für Möglichkeiten der Reduktion von Blut und Blutprodukten im klinischen Gebrauch interessiert. Später war ich dann als Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivmedizin im OP-Management für die Organisation der OP-Abläufe zuständig und bin anschließend von der Industrie abgeworben worden. Hier habe ich mich entsprechend betriebswirtschaftlich weiter qualifiziert.

Wirtschaftsforum: Und wie ging es weiter?

Tilmann Bur: Zunächst habe ich in einem US-amerikanischen Konzern mit dem Fokus auf Bluttransfusionen und fremdblutsparende Maßnahmen im Bereich der Kardiochirurgie und Orthopädie gearbeitet, danach bei einem Schweizer Unternehmen für Stammzellgewinnung und -konservierung. Folgend war ich dann zehn Jahre bei R-Biopharm tätig, zuletzt als Bereichsleiter für klinische Diagnostika. Seit Juni 2019 bin ich als Vorstand bei CO.DON, seit Anfang 2020 als alleiniger Vorstand.

Wirtschaftsforum: Gibt es Parallelen von der Arbeit im OP zu der im Geschäftsleben?

Tilmann Bur: Es war schon immer mein Anspruch, genauso nah am Kunden zu arbeiten wie vorher am Patienten. Es ist mir wichtig, für anspruchsvolle Produkte verantwortlich zu sein, die dem Patienten einen echten Mehrwert schaffen. Auch als Geschäftsmann bin ich immer nahe am klinischen Alltag und den Anwendern unserer Produkte, um die neuesten Ent-wicklungen zu verfolgen.

Wirtschaftsforum: Erzählen Sie uns doch bitte etwas über das Portfolio von CO.DON.

Tilmann Bur: Wir entwickeln, fertigen und vertreiben Zelltherapien zur Behandlung von defekten Gelenkknorpeln. Dabei setzen wir zu 100% auf regenerative und streng autologe Verfahren. Es gibt schmerzhafte Erkrankungen der Gelenkknorpel, die unbedingt behandelt werden müssen. Zunächst wird oft eine Schmerztherapie gemacht, danach ein künstliches Gelenk eingesetzt. Mit unserem Verfahren werden körpereigene Zellen zu einer dezidierten Struktur, einer 3-D-Matrix ausgebildet und dem Patienten wieder eingesetzt. Die 3-D-Matrix bildet dann einen neuen hyalinen Knorpel, der ein künstliches Gelenk vermeiden kann. Dieses Verfahren lässt sich nicht bei allen Knorpeldefekten anwenden. So ist es nicht bei Arthrose möglich, zeigt aber sehr gute Erfolge bei Traumata und degenerativen Knorpelschäden. Als einzige Firma europaweit erfüllen wir die strengen EMA-Regularien und haben deshalb die Zulassung.

Wirtschaftsforum: Wie sieht es mit den Kosten aus?

Tilmann Bur: Die Kosten übernehmen die Krankenkassen. Es ist zwar ein innovatives Verfahren, wird aber mittlerweile von vielen Orthopäden genutzt und wurde bisher in über 16.000 Fällen angewandt. Zu unseren Kunden gehören aktuell rund 200 Kliniken und etwa 500 Ärzte.

Wirtschaftsforum: Welches sind Ihre Märkte?

Tilmann Bur: Aktuell konzentrieren wir uns stark auf den europäischen Markt und wollen dort noch profitabler werden. In der Schweiz, in Österreich, in England und in den Niederlanden sind wir bereits gut etabliert. Jetzt wollen wir uns stärker auf andere Länder wie Italien und Belgien fokussieren.

Wirtschaftsforum: Wie sieht es mit der Digitalisierung aus? Ist die für Sie ein Thema?

Tilmann Bur: Der Automatisierungsgrad in unserer neuen Produktion in Leipzig ist sehr hoch. Die Züchtung der Zellen und deren Überführung erfolgen nach den Prinzipien der ‘Good Manufacturing Practice’. Dort ist vieles vollautomatisiert. Wichtige Kontrollschritte sowie die letztendliche Freigabe der Zellen erfolgen aber nach wie vor durch hochqualifizierte und erfahrene Mitarbeiter*innen. Die Digitalisierung der Dokumentation ist für uns auch sehr wichtig und nötig, um den Prozess anzustoßen und genehmigt zu bekommen.

Wirtschaftsforum: Was treibt Sie persönlich an?

Tilmann Bur: Ich habe ein sehr gutes Team von über 100 hochmotivierten Leuten. Sie sind stolz, an einem sehr innovativen Produkt zu arbeiten. Wir tun etwas Gutes. Das ist ein großer Teil meiner Motivation.

Wirtschaftsforum: Und wie geht es mit CO.DON weiter?

Tilmann Bur: Wir konsolidieren unsere Standorte. Gegenwärtig wird die Produktion unseres Hauptproduktes nach Leipzig überführt, wo wir in den vergangenen Jahren eine der größten und modernsten Anlagen für die Produktion von humanen Zellen im industriellen Maßstab errichtet haben, um die erwartete Produktnachfrage bedienen zu können. Zum Jahreswechsel wird das Berliner Büro geschlossen und auch die Verwaltung geht nach Leipzig. Ein denkbares zukünftiges Geschäftsfeld ist die Erweiterung der in Leipzig bereits bestehenden Auftragsproduktion um weitere Kunden. Die Märke außerhalb Europas und in Übersee haben wir ebenfalls für eine mögliche nachfolgende Expansion unseres Geschäfts im Blick und eruieren verschiedene Möglichkeiten.

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